Oberbergische Volkszeitung, 20. April 2010:
Bahn löscht künftig selbst
Betreiber und Kreis wollen Brandschutz verbessern
ARND GAUDICH
WALDBRÖL. Erst schlugen die Flammen hoch, gestern dann die Wogen. Nach
der Aufsehen erregenden Jungfernfahrt der Dampflokomotive "Waldbröl"
sind die Betreiber um Schadensbegrenzung bemüht. Und sie wollen
gemeinsam mit der Kreisverwaltung den Brandschutz verbessern.
"So schlimm war's nicht", meint Thomas Philipp vom Eisenbahnmuseum
Dieringhausen. Auch Walter Ziemow von der Rhein-Sieg-Eisenbahn ordnet
die Brände entlang der Gleise als "nicht-meldepflichtiges Ereignis" im
Sinne der Eisenbahnvorschriften ein. Trotzdem wollen die Betreiber des
"Bergischen Löwen" alles daran setzen, dass sich solche Vorfälle nicht
wiederholen. Das Kreisordnungsamt hat gestern mit den Bahnern ein
Treffen vereinbart, um zu klären, wie die Dampflok "Waldbröl" fahren
kann, ohne dabei Unterholz und Büsche in Flammen zu setzen.
Wie die mit Kohlen befeuerte Eisenbahn den Großeinsatz von drei
Gemeindefeuerwehren ausgelöst hat, können die Betreiber technisch nicht
nachvollziehen. Kurz nach dem Ausbruch der Brände habe die Polizei die
Lok überprüft, berichten die Eisenbahnfreunde. Das Ergebnis: Alle
Anlagen, die Funkenflug verhindern sollen, seien in Ordnung. Sowohl der
Funkenfänger (ein Sieb) als auch die Brause (die Wasser auf die
Rußpartikel in der Rauchkammer spritzt) arbeiteten einwandfrei. Auch in
jüngster Vergangenheit habe es keine vergleichbaren Probleme gegeben:
"Während eines Bahntreffens in Gerolstein, wo die Waldbröl über Ostern
mehrere Tage unterwegs war, verursachte die Lok keine Feuer", gibt
Philipp ein Beispiel.
Als sicher galt bislang auch die Bahnstrecke nach Waldbröl. Ziemow
berichtet, dass die Landes-Eisenbahnaufsicht die Gleise erst vor kurzem
abgenommen habe - ohne Beanstandung. Bevor die Lok am Sonntag das erste
Mal losfuhr, hatten die Bahner beim Forstamt angerufen. "Es galt
Waldbrandstufe 2", berichtet Ziemow: "Erst ab Stufe 4 dürften wir laut
Vorschrift nicht mehr mit der Dampflok fahren." Aus behördlicher Sicht
habe also nichts gegen die Fahrten gesprochen. Ziemow: "Es bestand keine
Gefahrenlage."
"Trotzdem werden die Brände wohl von unserer Lok ausgegangen sein",
räumt Ulrich Clees ein, Pressesprecher des "Bergischen Löwen". Das
glaubt auch Hans-Uwe Koch vom Kreisordnungsamt, der zugleich Reichshofer
Wehrchef ist: "Ältere Kameraden berichten, dass es zu Dampflokzeiten
regelmäßig Einsätze an Oberbergs Gleisen gab."
Um den Brandschutz zu verbessern, haben die Bahner bereits Pläne für
künftige Fahrten geschmiedet: Ein Schienenbegleitfahrzeug mit einem
Wassertank soll in einigem Abstand hinter der Dampflok herfahren. "Falls
kleine Feuer entstehen, können wir sie dann direkt selbst löschen",
erklärt Philipp. Denkbar sei auch eine technische Verbesserung an der
Dampflok.
Um die Finanzierung des Feuerwehreinsatzes macht sich Thomas Philipp
keine Sorgen: "Wir haben eine Land-Kasko-Versicherung, die solche
Schäden abdeckt." Um die Feuerwehr-Einsatzkräfte für deren verdorbenen
Sonntag zu entschädigen, wollen die Bahner sie bald zu Bier und
Grillwurst ins Dieringhausener Museum einladen.
Die Betreiber des "Bergischen Löwen" sind sich sicher: Am Sonntag, 9.
Mai, wird die Dampflok wie geplant wieder nach Waldbröl fahren.
KOMMENTAR
Viel zu schön fürs Museum
von MARKUS MICHALAK zum "Bergischen Löwen"
Keine Frage: Der "Bergische Löwe" ist eine Bereicherung des
touristischen Angebots in der Region. Fest steht auch: Hier stehen keine
Freizeitbastler sondern gestandene Eisenbahner in der Verantwortung, die
ihr Handwerk verstehen.
Trotzdem muss die Frage erlaubt sein: Wieso kann eine Dampflokfahrt mehr
als ein Dutzend Brände auslösen? Und wie kann das künftig verhindert
werden? Niemand bezweifelt noch, dass die Lok ursächlich für die
Flächenbrände ist.
Diesmal war es nur unbedeutende Botanik, die in Brand geriet. Halb so
schlimm. Aber wer garantiert, dass sich ein glühendes Stück Kohle nicht
auch mal in den Haarschopf eines begeisterten Kindes am Rande der
Strecke verirrt? Dieses Risiko ist - bei aller Freude an der Nostalgie -
zu groß.
Es wäre daher zu einfach, die Buschbrände zu verharmlosen. Vielmehr sind
alle Beteiligten aufgerufen, die museale Technik so zu verbessern, dass
ein sicherer Schienenbetrieb in Zukunft möglich ist. Erste Reaktionen
der Eisenbahner zeigen es: Die Bereitschaft, aus den Fehlern der
Jungfernfahrt vom Sonntag der "Waldbröl" zu lernen, ist groß.
Zu wünschen ist der Wiehltalbahn und den zahlreichen Freunden alter
Eisenbahntechnik, dass oberbergische Dampflokomotiven weiterhin
begeistern können. Sie gehören aufs Gleis. Fürs Museum sind sie doch
viel zu schön.