Oberbergische Volkszeitung,
19. April 2010
Fahrverbot nach Jungfernfahrt
Gestern dampfte der "Bergische Löwe" erstmals wieder nach Waldbröl
Die Jungfernfahrt des "Bergischen Löwen" sorgte gestern für einen
Großeinsatz der Feuerwehren. An mehreren Stellen entlang der Gleise
hatten Büsche Feuer gefangen. Dabei fing alles so schön an.
ARND GAUDICH
WALDBRÖL. Einigen Älteren standen die Tränen in den Augen, als die
Dampflokomotive "Waldbröl" gestern Mittag in den Bahnhof von Waldbröl
einrollte. Dass er diesen Tag erleben würde, da in seine Stadt die
Eisenbahn zurückkehrt, hätte auch Gert Kubinski nicht gedacht. "Bis in
die 50er Jahre bin ich von hier mit dem Zug nach Gummersbach in die
Berufsschule gefahren", erzählte der 76-Jährige. Jetzt bringt der
"Bergische Löwe" neues Leben aufs alte Gleis: Fortan soll er regelmäßig
zwischen Dieringhausen, Wiehl und Waldbröl verkehren.
Genau 52 Jahre hatten die Lok von ihrem Heimatbahnhof getrennt. Nicht
umsonst bezeichnete Bernd Kronenberg den gestrigen Tag als "historisch".
"Im Jahr 1994 haben wir die Wiehltalbahn in Waldbröl gegründet. Heute
schließt sich der Kreis", sagte der Ehrenvorsitzende der Wiehltalbahn.
Dann durchschnitten Kronenberg, Gerhard Mansel vom Förderkreis zur
Rettung der Wiehltalbahn, Thomas Philipp vom Förderverein des
Eisenbahnmuseums, Bürgermeister Peter Koester und Oliver Wolff vom
NRW-Verkehrsministerium das Band - und gaben damit die Strecke frei. Am
Bahnhof applaudierten hunderte Besucher, das Blasorchester der
Musikschule spielte einen Festmarsch.
Schon die Jungfernfahrt von Oberwiehl nach Waldbröl hatte am Morgen
hunderte Menschen bewegt. Mit Fotokameras im Anschlag säumten die
Schaulustigen den Streckenrand und winkten den Zuginsassen zu. In
Oberwiehl waren mehr als 200 Passagiere in die drei alten
"Donnerbüchsen" eingestiegen, wie der Eisenbahner die Waggons nennt. Als
Heizerin Regina Manheller den Wassertank der Lok aufgefüllt und Niels
Neubauer den Kessel eingeheizt hatte, gab Lokführer Andreas Voll ein
ohrenbetäubendes Pfeifsignal - und langsam dampfte die Waldbröl los. Die
rucklige Fahrt durch die grüne Landschaft genossen auch Vize-Landrat
Professor Friedrich Wilke, die Bürgermeister Rüdiger Gennies
(Reichshof), Jörg Bukowski (Morsbach) und Gummersbachs Vize Thorsten
Konzelmann.
"Das ist fantastisch", freute sich Waldbröls Rathauschef Peter Koester:
"Der ,Bergische Löwe' ist ein echter Gewinn für den hiesigen Tourismus."
Auch eine Vernetzung mit den geplanten Naturerlebnispark kann sich
Koester gut vorstellen: "Vor den Ehrenamtlern, die sich gegen so viele
Widerstände durchgesetzt haben, ziehe ich den Hut."
In der Ortschaft Remperg-Mühlenau legte die Waldbröl einen kurzen Stopp
ein: Hier entfernten der Leiter der Wiehltalbahn-Rotte, Uwe Wintersohl,
und Daniel Preis von der Rhein-Sieg-Eisenbahn ein Haltesignal vom Gleis.
"Hier war die längste Zeit Endstation", sagte ein Bahner.
Doch der erneute Stillstand kam schneller als erwartet. Nachdem am
Nachmittag an mehreren Stellen entlang der Gleise Feuer ausgebrochen
war, bekam die Dampflok Waldbröl ein vorläufiges Fahrverbot. Zeitweise
wurde die komplette Strecke vom Kreisordnungsamt gesperrt. Doch die
Gäste am Bahnhof Waldbröl feierten unbekümmert weiter. Die Diesellok der
Wiehltalbahn sprang für die Dampflok ein und brachte die Passagiere
zurück in Richtung Dieringhausen.
Die nächste Dampflokfahrt ist bislang für Sonntag, 9. Mai, vorgesehen.
SPIE DER "BERGISCHE LÖWE" FEUER?
Um kurz vor 14 Uhr gingen gleich mehrere Notrufe in der Kreisleitstelle
ein: Über mehrere Kilometer entlang der Gleise, über die kurz zuvor die
Dampflok gerollt war, hatten Büsche Feuer gefangen. An mehr als einem
Dutzend Stellen breiteten sich die Flammen zum Teil rasch aus. In
Wiehl-Remperg und Denklingen brannten ganze Abhänge. Das brachte die
Wehren von Wiehl, Reichshof und Waldbröl ordentlich auf Trab. "Wir
mussten an sieben Orten gleichzeitig löschen", sagt Jens Schmidt,
stellvertretender Standbrandmeister von Wiehl. Aus Wiehl, Bomig und
Oberwiehl rückten 54 Mann auf sieben Fahrzeugen aus. "Ein Schlauchwagen
ist zur Nachbarschaftshilfe nach Denklingen gefahren."
Dass Funken vom "Bergischen Löwen" die Brände ausgelöst haben, hält die
Feuerwehr für wahrscheinlich. Die Bahner wollten gestern Abend noch
keine Schuld eingestehen. "Wir können die Schadensursache noch nicht
nennen", sagte Thomas Philipp: "Der Funkenfänger unserer Dampflok ist
tadellos in Ordnung." Jedoch wollen die Bahner nicht unbedingt
ausschließen, dass der "Bergische Löwe" die Feuer ausgelöst haben
könnte. "Wir nehmen den Vorfall zum Anlass einer kritischen
Selbstbetrachtung. Falls der Fehler bei uns liegt, setzen wir alles
daran, dass sich so etwas nicht wiederholt." Die Bahner bitten die
Einsatzkräfte und Anwohner um Verzeihung. (aga)