Etappensieg für die
Wiehlbahn
Weiterer Gerichtsentscheid: Land
muss Betriebsgenehmigung verlängern
Das Münsteraner
Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Wiehltalbahn eine
langfristige Betriebsgenehmigung zusteht. Was das für die Zukunft der
Strecke bedeutet, ist unklar.
REINER THIES
AUS DEM KREIS. Der Beschluss
des 20. OVG-Senats kam für alle Beteiligten unerwartet. Der
Bahnförderkreis erhielt die Nachricht am Freitag von seinen Anwälten,
die Kommunalbeamten erfuhren es heute aus unserer Zeitung. Die
Bürgermeister von Wiehl, Waldbröl und Reichshof haben Urlaub oder waren
sonst wie verhindernd. Ihre Stellvertreter wollten sich nur unter
Vorbehalt äußern. Das mag auch am schwer verständlichen Juristendeutsch
der Gerichtsbegründung liegen.
Sicher ist: Das OVG hat das
Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom Januar 2007 bestätigt und eine
vom Land NRW beantragte Berufung auf Kosten des Landes abgewiesen. Das
Kölner Gericht hatte damals entschieden, dass das Land der Wiehltalbahn
eine längerfristige Betriebsgenehmigung erteilen muss und diese nicht
weiterhin nur von Monat zu Monat verlängern darf.
Das OVG hat nun
festgestellt, dass für die Genehmigung allein die Frage relevant ist, ob
das jeweilige Eisenbahnunternehmen (in diesem Fall die vom Förderkreis
beauftragte Rhein-Sieg-Eisenbahn) zuverlässig, finanziell leistungsfähig
und fachkundig genug ist, eine Eisenbahnlinie zu betreiben. Wenn dies
der Fall ist, gebe es einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung. Dies sei
ein rein verwaltungsrechtlicher Vorgang. Ohne Belang sei darum die
zivilrechtliche Frage, ob die Eisenbahner infolge der Vertragskündigung
durch die Eigentümerkommunen ihr Nutzungsrecht an der Schienenstrecke
verloren haben. Das Gericht schreibt: "Die Problematik der
,Wiederbelebung' bzw. ,Abwicklung' der Wiehltalbahn mag vielschichtig
und in mehrfacher Hinsicht bedeutsam sein. Ein grundsätzlicher
Klärungsbedarf für im vorliegenden Verfahren entscheidungserhebliche
Fragestellungen folgt daraus nicht."
Einfacher ausgedrückt:
Betriebsgenehmigung und Streckenwidmung sind zwei paar Schuhe. Das heißt
aber auch, dass die Zukunft der Bahn offen bleibt, solange nicht das
Kölner Verwaltungsgericht über die Klage des Förderkreises gegen die
Entwidmung durch die Bezirksregierung entschieden hat.
Förderkreisvorsitzender Gerhard Mansel hält den OVG-Beschluss aber auch
bezüglich der Entwidmung für "richtungsweisend". Immerhin wird auch in
dieser Sache am Ende wahrscheinlich das Oberverwaltungsgericht das Wort
haben.
KRITIK AN DEN ANWÄLTEN
Das OVG übt in seiner
Begründung Kritik an den Anwälten des Landes. Zum einen werden eine
Reihe von offenen Fragen angesprochen, die die Anwälte versäumt haben zu
klären, etwa zur Wirksamkeit der Kündigung des Pachtvertrags.
Zudem stellen die
Münsteraner Richter in Frage, ob der Berufungsantrag, der "thesenartig
ohne nähere Erläuterungen" argumentiere und sich auf einen schlichten
Widerspruch beschränke, überhaupt dem verfahrenstechnischen
"Darlegungsgebot" genügt.
Schließlich wird kritisiert,
dass der Berufsantrag darauf hinausläuft, "schwierige zivilrechtliche
Fragestellungen der behördlichen Prüfung zu unterwerfen, obwohl deren
Klärung Sache der Zivilgerichte ist".
KOMMENTAR
Plan B
von REINER THIES zur
Wiehltalbahn
Noch ist nichts entschieden.
Die verkehrspolitisch interessierte Öffentlichkeit wartet weiter auf den
letztgültigen Urteilsspruch in Sachen Entwidmung, der wenn nicht in
Köln, so dann spätestens in Münster fällt. Die vergleichsweise schnelle
Entscheidung hinsichtlich der Betriebsgenehmigung lässt hoffen, dass die
juristische Hängepartie nicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag dauert.
Und noch mehr kann man im
Kaffeesatz des OVG-Beschlusses lesen. Die Begründung lehrt zum einen:
Der juristische Wind weht den Bahngegnern noch immer ins Gesicht. Das
bedeutet zum anderen, dass die Gerichte der politischen Übermacht auf
allen Ebenen nicht mehr Gewicht einräumen als Recht und Gesetz. Und dass
ist ja grundsätzlich durchaus zu begrüßen.
Der Wiehler Bürgermeister
als Speerspitze der Bahngegner predigt schon seit längerem Geduld. Die
sollte aber nicht dazu führen, dass die Kommunen keinen Plan B in der
Schublade haben. Denn dass man sich mit der Wiehltalbahn noch auf
längere Zeit abfinden muss, ist nach dem neuen Urteil nicht
unwahrscheinlicher geworden.