Presseartikel

Kölner Stadtanzeiger, 15. Juli 2008 (überregionaler Teil):

BERUFUNG ABGEWIESEN
Wiehltalbahn kann doch weiter fahren

VON STEPHAN PROPACH, 15.07.08, 09:55h

Das Oberverwaltungsgericht Münster gibt den Betreibern gegen Land, Bezirksregierung und Kommunen recht. Das OVG bestätigte, dass das Land eine längerfristige Betriebserlaubnis erteilen muss. Über die Entwidmung der Strecke müssen die Richter in einem anderen Verfahren entscheiden.

OBERBERG - Auf der Wiehltalbahn im Süden des Oberbergischen Kreises können auch in Zukunft Züge fahren. Das Land Nordrhein-Westfalen hat vor dem Oberverwaltungsgericht Münster eine herbe Niederlage einstecken müssen. Wie am Wochenende bekannt wurde, hat das Gericht die Berufung des Landes gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln abgewiesen. Dort war das Land schon im Januar 2007 angewiesen worden, den privatwirtschaftlichen Betreibern der Wiehltalbahn eine angemessene Betriebsgenehmigung zu erteilen. Als angemessen gilt nach diesem nun rechtskräftigen Urteil eine Zeit, in der sich Investitionen der Betreiber rechnen - in NRW üblicherweise 50 Jahre. Die Betriebserlaubnis für die Wiehltalbahn hatte das Land bislang stets auf einen Monat befristet. Das sei rechtlich nicht haltbar, so das Gericht.

Pachtvertrag gekündigt

Im Streit um die Wiehltalbahn geht es vor allem um einen Bahnübergang in der Stadt Wiehl und um einen Kreisverkehr im benachbarten Waldbröl. Der Bahnübergang wäre ohne Gleise nicht nötig, der Kreisel erheblich billiger zu bauen. Der Bahnbetrieb sei überflüssig, weder die derzeitige Tourismusbahn noch Güterverkehr und erst recht kein zukünftiger Öffentlicher Personennahverkehr hätten eine Zukunft, argumentieren die Verwaltungsspitzen der Kommunen. Mit zwei weiteren Gemeinden hatten Wiehl und Waldbröl die Gleise 2007 von der Deutschen Bahn gekauft und den Pachtvertrag mit den Betreibern gekündigt. Gemeinsam mit dem Kölner Regierungspräsidenten wollen sie die Strecke stilllegen und die Grundstücke zum Teil vermarkten. Dass das aber nur geht, wenn dort weder gefahren wird noch eine Reaktivierung auf absehbare Zeit zu erwarten ist, hatte das Kölner Gericht vor anderthalb Jahren bereits angedeutet. Gegen Entwidmungsbescheide der Kölner Bezirksregierung haben die Betreiber der Bahnstrecke bereits Widerspruch eingelegt. Bisher haben alle angerufenen Gerichte den Bahnbetreibern recht gegeben.

Bumerang für Kommunen

Für die teils stark verschuldeten Kommunen an der Strecke könnte sich der Kauf der Trasse zu einem Bumerang entwickeln. Statt schneller Refinanzierung oder gar Gewinne durch Grundstücksverkäufe drohen neue Kosten, da der Eigentümer einer Bahnanlage für deren Verkehrssicherung und Instandhaltung verpflichtet ist. Die oberbergischen Kommunen selbst hatten diese Kosten schon 2006 auf mindestens einmalig 600 000 Euro für die Reaktivierung und jährlich 60 000 Euro für die Unterhaltung geschätzt.