Presseartikel

Kölner Stadtanzeiger, 20. Januar 2009 (überregionaler Teil)

RECHTSSTREIT ERLEDIGT

Endlich freie Fahrt für Wiehltalbahn

Von Bert Gerhards und Stefan Propach

Um die Zukunft der Wiehltalbahn ist 15 Jahre lang politisch und juristisch gerungen worden, nun wird das Kriegsbeil begraben. Damit ist der Bestand der 23,6 Kilometer langen eingleisigen Strecke dauerhaft gesichert - jedenfalls bis zum Jahr 2056.

KÖLN - Die Bezirksregierung in Köln hat zum Jahresanfang mitgeteilt, sie werde nicht mehr gegen das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts in Berufung gehen, das die Entwidmung der Bahnstrecke im südlichen Oberbergischen Kreis für nichtig erklärt hat. Damit steht der Triumph des „Fördererkreises zur Rettung der Wiehltalbahn“ fest, ist der Bestand der 23,6 Kilometer langen eingleisigen Strecke dauerhaft gesichert - bis 2056 haben die Bahnfreunde eine gerichtlich garantierte Betriebsgenehmigung. Schon vom Frühjahr 2009 an - nach Ende der gegenwärtigen Winterpause - sollen regelmäßig wieder Züge im Wiehltal verkehren. Zuletzt waren diese noch ein bis zweimal im Monat sonntags gefahren.

Über solch stabile Rechtssicherheit können die privaten Bahnbetreiber, die nun wieder ihre Touristikzüge durchs Oberbergische fahren lassen wollen, nur jubeln. Aber auch den Gütertransport wollen sie wieder aufnehmen, mittelfristig womöglich auch einen fahrplanmäßigen Personenverkehr zwischen Waldbröl und der Kreisstadt Gummersbach. Rechtssicherheit besteht aber auch für die Anliegerkommunen, die jahrelang hartnäckig versucht haben, die Schienen weg zu bekommen und die Trasse anders zu nutzen. Gemeinsam hatten sie die Strecke erworben, um als Eigentümer der Schienen deren Abriss zu betreiben.

Doch die Richter in bisher zwölf Verfahren gewichteten das öffentliche Interesse an einem Erhalt der Verkehrsverbindung insgesamt höher als das Eigentümerinteresse der Kommunen.

Die Rathauschefs sind nicht erfreut

Die Bahn bleibt also, darauf werden sich auf die Rathauschefs im Oberbergischen einstellen müssen. Was sie mehr oder weniger knurrend tun. Wiehls Bürgermeister Werner Becker-Blonigen, dem die Bahntrasse quer durchs Herz seiner Stadt stets ein Dorn im Auge war, will dem Rückzug des Regierungspräsidenten notgedrungen folgen. Die Stadt allein hätte in den höheren Instanzen kaum bessere Karten, wohl aber weitaus höhere Kosten zu erwarten, urteilt der Verwaltungschef. Beherzter greift der Waldbröler Rathauschef Peter Koester zur Friedenspfeife: „Der Kampf gegen die Bahnfreunde muss nun schnellstmöglich zu den Akten gelegt werden.“ Er will einen dringend benötigten Kreisverkehr nun mit einem Bahntunnel bauen.

Das wird nach anderthalb Jahrzehnten auch Zeit. Schließlich haben die Städte und Gemeinden im Wiehltal so manches Projekt in der trügerischen Hoffnung vertagt, man werde den lästigen Schienenstrang schon noch wegbekommen. So wurde ein Bahnübergang im Zentrum Wiehls - als Hauptzufahrt zu einem Einkaufszentrum dringend benötigt - nach einer Intervention von Landesverkehrsminister Oliver Wittke (CDU) gar nicht mehr verwirklicht, weil dieser den Landesanteil für das 415 000 Euro teure Projekt sparen wollte. Nun soll schnellstens gebaut werden. Und auch in Waldbröl, Morsbach und Reichshof werden nun wieder Pläne geschmiedet, die eine Bahnlinie vorsehen.

Auch die Bahnfreunde selbst müssen in die Strecke investieren. Bisher können die Züge nur bis zur Station Oberwiehl fahren. Damit es künftig weiter nach Waldbröl und Morsbach gehen kann, muss eine Brücke in Denklingen saniert werden, wofür der 300 Mitglieder zählende Verein nun Spenden sammelt. Offen ist noch, ob sich die Kommunen als Eigentümer an der Streckensanierung beteiligen müssen. In ähnlich gelagerten Fällen war die Deutsche Bahn als Streckeneigentümer zu einer Sanierung verpflichtet worden. Für Einnahmen soll auch die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) sorgen, die den Schienenverkehr im Auftrag des Freundeskreises betreibt. Sie soll sich um weitere Kunden für Gütertransporte bemühen, damit es nicht bei Ausflugsfahrten mit Dampflok-Zügen oder historischen Triebwagen bleibt.