Presseartikel
WELT KOMPAKT NRW, 31. Mai 2006
Noch fährt ein Zug im Bergischen
Kommunen wollen die Wiehltalbahn stillegen – Verein kämpft für Erhalt
VON GUIDO HARTMANN
Wiehl – Im Oberbergischen Kreis östlich von Köln schwelt ein Streit um die
sogenannte Wiehltalbahn. Mehrere Kommunen entlang der etwa 23,5 Kilometer
langen Bahntrasse zwischen Osberghausen und Waldbröl wollen die Strecke
endgültig stillegen. Sie werde nicht mehr benötigt und behindere die
wirtschaftliche Entwicklung in der Region.
„Wir wollen diese Strecke auf lange Sicht erhalten“, fordert hingegen
Gerhard Mansel vom Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn, der die Linie
seit 1998 gepachtet hat. Der selbständige Ingenieur und seine Mitstreiter
denken an eine Kapitalgesellschaft, die die Strecke von der Bahn kaufen
könnte. Derzeit wird sie vor allem von Freizeit-Bahnern genutzt, jeden
ersten Sonntag im Monat gibt es Fahrten mit der Dampflok oder mit dem
Triebwagen. Für den Oberbergischen Kreis sei die Bahn eine große
Attraktion, sagt Mansel. Und der Tourismus sei eine Branche im Aufwind,
von der die Region profitieren könne. Mansel befürchtet, daß
Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) die Stillegung der Wiehltalbahn –
plus zwei weiterer oberbergischer Strecken – noch vor der Sommerpause
durch den Landtag bringen möchte.
Im Düsseldorfer Verkehrsministerium wird bestätigt, daß die Bahnstrecke in
den neuen Verkehrsbedarfsplan des Landes NRW nicht mehr aufgenommen wurde.
„Minister Wittke hat gesagt: Wir finanzieren nur, was wirklich gebraucht
wird“, so dessen Sprecher Stephan Heuschen. Da es sich bei der Strecke um
eine „Museumseisenbahn“ handele, könne das Land angesichts knapper Mittel
für den Unterhalt kein Geld aufwenden. Der Bürgermeister der Stadt Wiehl,
Werner Becker-Blonigen (FDP), sieht durch die Bahn langfristig sogar
Arbeitsplätze bedroht. Der Grund: Die Trasse führt über das Gelände der
Bergischen Achsenfabrik Wiehl und des Edelstahlwerks Kind & Co., die sich
dadurch in ihrer Entwicklung behindert sähen.
Zudem sieht Becker-Blonigen den Tourismus nicht als Heilsbringer für die
27 000 Einwohner starke Stadt im Bergischen Land. „Die Zeit der
Sommerfrische ist vorbei.“
Gerhard Mansel und seine Freunde hoffen, die Strecke doch noch von der
Deutschen Bahn kaufen zu können. Doch um die Trasse für 80
Stundenkilometer fit zu machen – für gelegentliche Touristen und Güter
reichen derzeit 50 km/h –, müßten etwa 20 Millionen Euro zusammenkommen.
Und dafür bräuchte der Verein auch öffentliche Mittel. www.wiehltalbahn.de
Touristenbahn
Die gut 50 Kilometer östlich von Köln gelegene Wiehltalbahn von
Osberghausen über Wiehl bis Waldbröl wurde in den Jahren 1897 bis 1908
eröffnet, vor allem zum Transport von Gestein, das in der Region als
Straßenpflaster und als Bahnschotter benötigt wurde. Der Personenverkehr
wurde 1965 eingestellt, 1994 fuhr der letzte Güterzug. Seit 1999 wird die
Bahn touristisch und seit 2005 auch wieder zum Transport von Holz genutzt.
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