Presseartikel

Oberbergische Volkszeitung, 1. März 2007:

Konzentrieren aufs Machbare
Kreis akzeptiert den Wegfall der Bahnnebenstrecken

von HARALD KNOOP

AUS DEM KREIS. Die Kreistagsmehrheit ist dafür und bislang neun von zehn betroffenen Gemeinden auch: Selbst wenn SPD und Grüne sich auf die noch vorhandenen Gleise binden würden, die Herausnahme der oberbergischen Bahnnebenstrecken (Bergneustadt-Dieringhausen, Marienheide-Wipperfürth-Remscheid und Engelskirchen-Waldbröl-Morsbach) aus dem Regionalplan des Regierungsbezirks wird die Opposition nicht stoppen können. Auch wenn sie gestern mit Klauen und Zähnen dafür kämpfte.
Es war der SPD-Kreisvorsitzende Friedhelm-Julius Beucher, der den inoffiziellen Wettbewerb "Wer blickt weiter in die Zukunft?" eröffnete. Mit Erdölreserven für nur noch 50 Jahre und einem bevorstehenden Klimawandel, den selbst der letzte Ignorant erkennen könne, müssten die Bahnstrecken zumindest als mögliche Verkehrswege der Zukunft erhalten bleiben. Selbst unterstellt, dass der Bahnverkehr derzeit nicht bezahlbar ist und von den Menschen vermutlich auch nicht angenommen würde, so dürften die Flächen "doch nicht einfach verscherbelt werden".
Auch CDU-Verkehrsexperte Konrad Frielingsdorf blickte nach vorn. Wer wirklich etwas für die Bahn tun wolle, müsse sich auf den Ausbau der Verbindung von Köln nach Gummersbach konzentrieren und den Anschluss über Marienheide und Meinerzhagen bis Brügge. Vor allem letzteres werde schwer genug. Vor dem Hintergrund, dass es künftig im Land nur noch drei Verkehrsverbünde geben wird, stellte Frielingsdorf die Frage, warum der neue ostwestfälische Großverbund ausgerechnet die Reaktivierung der Bahnverbindung von Meinerzhagen nach Brügge als zentrales Ziel haben sollte - erst recht, wenn er seinen sonstigen Betrieb mit gedeckelten Landeszuschüssen aufrechterhalten muss. Wenn die Verbindung nach Brügge trotz aller Widrigkeiten gelingt, "dann haben für die Bahn wirklich etwas erreicht."
Grünen-Sprecher Helmut Schäfer erklärte, Oberberg werde sich bundesweit lächerlich machen, wenn der Kreis alle Zukunftschancen auf den Strecken aufgibt.
Die Debatte geriet kurzzeitig aus den Fugen, als Beucher den Befürwortern der Streichung geistige Defizite vorwarf und CDU-Fraktionschef Peter Biesenbach (MdL) einen "Flegel" nannte. Doch ändern konnte auch das nichts. In der Stellungnahme des Kreises, die bis heute in Köln vorliegen soll, stimmt der Kreis mit der Mehrheit von CDU und FDP/ FWO der Herausnahme der Nebenstrecken zu.