Presseartikel Oberbergische Volkszeitung, 19. September 2006 30 Jahre A 4: Fluch oder Segen? von LARS STROMBACH AUS DEM KREIS. Um die Straßen und Bahnstrecken ging es bei der Fachtagung "30 Jahre Autobahn A 4 im Bergischen Land", an der im Schloss Heiligenhoven bei Lindlar hochrangige Referenten teilnahmen. "Die Autobahn A 4 ist ein Segen für die Region", Ich hoffe, dass mir keiner widerspricht", sagte Rainer Lessenich. Der Leiter der Zweigstelle Oberberg der Industrie- und Handelskammer Köln verwies auf die entlang der A 4 seit 1976 erschlossenen Gewerbegebiete, insgesamt 481 Hektar Neuzuweisungen allein in Oberberg, vor allem in Wiehl-Bomig (172 Hektar) und im Reichshof (90 Hektar) , mit seitdem knapp 12 000 zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätzen in den oberbergischen Anrainer-Kommunen der A 4. Allein in Wiehl stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 5970 Personen im Jahre 1976 um 3776 auf 9746 Beschäftigte in 2006, so Lessenich. Er bemängelte aber auf der gemeinsamen Veranstaltung des Rheinisch-Bergischen und des Oberbergischen Kreises, der Naturschützer vom OBN und RBN und des LVR den unzureichenden Ausbauzustand der oberbergischen Nord-Süd-Verkehrsachse, also der Bundesstraßen B 237/B 256, der Verbindung zwischen der A 1 zur Autobahn A 4. Den Reaktivierungsbestrebungen auf einigen stillgelegten oberbergischen Bahnstrecken, vor allem auf der Wiehltalbahn, erteilte er eine klare Absage: "Ich sage es offen: Wir sind dafür, dass diese ehemaligen Bahnstrecken entwidmet werden". Das Festhalten an stillgelegten Bahnstrecken verhindere die kommunalen Planungen in Wiehl, in Waldbröl und in Morsbach, außerdem die Erweiterungsplanungen der Firmen Kind & Co. in Bielstein und BPW Bergische Achsen in Wiehl und in Brüchermühle. Mark vom Hofe, Vorsitzender vom RBN, wollte nicht in den Jubel über die A 4 einstimmen. Die A 4 habe die Landschaft und die Waldgebiete zerschnitten, Biotope zerstört und die Umgebung sichtbar verändert. Die an der Autobahn angesiedelten Gewerbegebiete seien ein zusätzlicher Landschaftsschaden neben dem "Landschaftsschaden Autobahn", so vom Hofe. Er forderte, das Bergische Land müsse sich vom Ballungsraum Köln abgrenzen und die Landschaft als Kapital bewahren. Uwe Söhnchen von den oberbergischen Grünen monierte, dass auch heute noch das auf der Autobahn gesammelte Oberflächenwasser ungeklärt in die Bäche eingeleitet werde, dass der Bau der Autobahn Todesopfer gefordert habe und sich in all den Jahren immer wieder Selbstmörder von den Autobahnbrücken stürzten. "Viele Straßen werden überhaupt nicht mehr geflickt. Stattdessen gibt es aber immer noch Geld für immer mehr Kreisverkehre. Die Planer scheinen an den Zielen der 1970er Jahre festzuhalten", wunderte sich Michael Gerhardt, vom Naturschutzbund Oberberg. "Der harte letzte Winter hat unseren Straßen den Rest gegeben", sagte Volker Dürr, Dezernent für Kreis- und Regionalentwicklung. Einen Ausbau der Bahnstrecke Köln-Gummersbach-Marienheide bis nach Oberbrügge würden alle, auch die Naturschützer, klar begrüßen, war man sich einig. "Als die Wiehltalbrücke repariert wurde, haben viel mehr Pendler die Bahn nach Köln benutzt. Wie kann diese Verbindung ausgebaut werden?", fragte Moderator Dr. Gero Karthaus. Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer vom Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS), würde gerne Züge im Halbstundentakt zwischen Engelskirchen und Köln fahren lassen. Doch es fehle an Kapazitäten. Zusätzliche Züge in den Kölner Bahnknoten einzufädeln, sei zurzeit nicht möglich. |