Presseartikel
Bonner Umweltzeitung 1/2006:
Förderverein versucht Wiehltalbahn zu reaktivieren
Oberberg: Wiehltalbahn vor dem Aus?
Es wird berichtet, dass die DB AG den an der Bahnstrecke gelegenen
Kommunen die Strecke zum Kauf angeboten hat. Besonderes Interesse zeigt
die Stadt Wiehl. Die Ergebnisse der bisherigen Geschäftsverhandlungen
erblickten im Wiehler Stadtrat das Licht der Öffentlichkeit. Dieses
Vorgehen wird aus Sicht von Fahrgastverbänden und dem Förderkreis als
ungewöhnlich betrachtet
- von Thomas Möbius -
Nach Auskunft von Gerhard Mansel, Vorsitzender des Förderkreises zur
Rettung der Wiehltalbahn e. V., sind die Bemühungen um einen Erwerb der
Strecke durch den Förderverein vorerst gescheitert. Allerdings: „Wir
standen fünf Minuten vor der Vertragsunterzeichnung". Der Verein wollte
die Strecke erwerben, um diese für den regelmäßigen
Schienen-Personen-Nahverkehr (SPNV) zu reaktivieren. Der Verein hatte die
Strecke 1994 im Rahmen eines Pachtvertrages, der zwischen der
Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) und der DB AG ausgehandelt wurde, erworben. Der
Pachtvertrag lief ursprünglich 2004 aus, wurde aber noch mal bis Ende
Januar 2006 verlängert.
Mansel erklärt das Scheitern mit der politischen Großwetterlage. Von den
Bürgermeistern der Kommunen gibt es bis zum NRW-Verkehrsminister Oliver
Wittke nur Gegner der Bahn. Für viele ist die Bahn ein Dorn im Auge. In
Waldbröl steht der Bahn ein geplanter Kreisverkehr am Boxberg im Wege.
Kreisverkehr statt Bahn
Die Stadt Wiehl hat die Sorge, bei einem Bahnbetrieb die Kosten für einen
Bahnübergang am Bahnhof Wiehl in Höhe von 500.000 Euro tragen zu müssen.
Einen Betrag, den sie selbst nicht aufbringen kann. Bürgermeister Werner
Becker-Blonigen und die Ratsmehrheit hoffen, den Aufwand vermeiden zu
können.
Außerdem wurde die Strecke neben anderen Strecken in einer Vorlage für die
Verkehrskommission bei der Bezirksregierung Köln aus den Anmeldungen für
die Neubewertung der Integrierten Gesamtverkehrsplanung (IGVP)
herausgenommen. In dem Schreiben heißt es u. a. im Wortlaut: „Für die
genannten Strecken wird beabsichtigt, ein Verfahren zur vereinfachten
Freistellung von Bahnbetriebszwecken gem. § 23 Abs. 1 AEG („Entwidmung")
beim Eisenbahnbundesamt (EBA) einzuleiten." In dem Schreiben heißt es
weiter, dass die Entscheidung des EBA im Rahmen einer
Präsidialentscheidung fallen wird.
Die letzte Entscheidung hierüber trifft der Verkehrsausschuss im Landtag
in Düsseldorf. NRW-Verkehrsminister Wittke hat allerdings keinen Hehl
daraus gemacht, dass er in Waldbröl den Kreisverkehr und nicht die Bahn
haben will.
Der Bürgermeister von Wiehl trifft sich dieser Tage mit dem
Verkehrsminister. Gemeinsam will der Bürgermeister mit den anderen
Kommunen an der Strecke im Rahmen einer „konzertierten Aktion" die Strecke
bis Ende Januar von der DB erwerben.
Auf der Strecke soll dann ein „interkommunales Radwegenetz zwischen Agger
und Sieg" entstehen. Förderkreis, Fahrgastverbände und die Grünen
kritisieren diese Entscheidung.
Die Grünen um die Fraktionssprecher Helmut Schäfer und Rene Bongartz
bezeichnen die Geschehnisse als „dreiste Provinzposse". Für sie werde „der
unterschriftsreife neue Pacht-, beziehungsweise Kaufvertrag vor den Augen
in Stücke gerissen".
Förderkreisvorsitzender Mansel gibt jedoch noch nicht auf: „Die Kommunen
haben sich bei den Verhandlungen von der Bahn einlullen lassen“ und warnt
vor verfrühtem Jubel. Mansel glaubt noch immer an einen Kompromiss, den
man im Wiehltal schon einmal erzielt hat. Unterstützung erhält er von den
Grünen, die dem Verein juristische Schritte empfehlen.
Kritik von den Grünen erntet die Politik. Weil die Landesregierung mit der
Einlösung der Wahlversprechen nicht vorankomme, nehme man jahrzehntelang
aufgestaute Begehrlichkeiten der Provinz dankbar auf'. Statt die Strecke
einem potenziellen Käufer zu überlassen, verkaufe man diese lieber
zerstückelt an die Kommunen. Den Plan der Kommunen Wiehl und Waldbröl für
einen durchgehenden Radweg von Engelskirchen nach Morsbach halten die
Grünen als reine Taktik und Träumerei. Den beiden Kommunen werfen sie vor,
jedes Mittel zu verwenden, um die Gleise für den Straßenverkehr
abzureißen. "In diesen Träumen scheint es völlig egal, woher das Geld für
Gekreisel und Geradel herkommen soll. Es wäre ehrlicher, wenn alle
Beteiligten offen aussprechen würden, was sie wirklich im Schilde führen:
Sich das Thema Wiehltalbahn endgültig und für alle Zeiten vom Hals zu
schaffen".
Gespräch mit Ministerium
Kurz vor Weihnachten trafen sich der Vorsitzende des Förderkreises zur
Rettung der Wiehltalbahn, Gerhard Mansel, und der Kölner Rechtsanwalt
Hans-Jürgen Kühlwetter mit einem Vertreter des nordrhein-westfälischen
Verkehrsministeriums zu einem Gespräch. Nach dem Gespräch teilte Mansel
mit, dass das Düsseldorfer Ministerium in dem Streit an einem Kompromiss
interessiert sei. Allerdings gehe im Zweifelsfall der Straßenbau der
Wiehltalbahn vor.
Der Förderverein hatte Gelegenheit, seinen Standpunkt mitzuteilen.
Rückendeckung hat der Verein nach Auskunft von Gerd Mansel nicht erhalten
und erwartet. Von der Ankündigung des Ministers, die Wiehltalbahn aus der
„Integrierten Gesamtverkehrsplanung" herauszunehmen, ist Mansel nicht
überrascht. „Es war klar, dass es mit dem Regierungswechsel eine neue
Verkehrspolitik geben wird". Mansel spricht dabei von einer „Rolle
rückwärts". Mansel abschließend: „Es geht uns nur darum, die langfristige
Perspektive eines Bahnbetriebs im Wiehltal zu erhalten. Wer weiß schon,
was in zehn Jahren für eine Verkehrspolitik gemacht wird."
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