Presseartikel

Bahn-Report 2/2006:

Wiehltalbahn: Zwischen Hoffen und Bangen

von Daniel Sack

Im vergangenen Oktober kündigte die DB Services Immobilien GmbH an, in Zukunft mit den Anliegerkommunen der Strecke
Osberghausen - Waldbröl über eine Übernahme der Bahnstrecke zu verhandeln. Den Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn
e.V. und die WB WiehltalBahn GmbH traf dies völlig unvermutet: Nachdem man sich schon sicher glaubte, die Strecke
käuflich erwerben zu können, wurde der Vertrag wenige Tage vor der geplanten Unterzeichnung einseitig zurückgezogen. Ob
die Absichtserklärung, in Zukunft nur noch mit den Anliegerkommunen zu verhandeln, von NRW-Verkehrsminister Oliver
Wittke initiiert wurde, kann nur vermutet werden; dass sie seine Zustimmung traf, wurde jedoch spätestens bei einem
Ortstermintermin deutlich, wo er sich für die von den Anliegerkommunen und dem Landesbauamt geplanten
Straßenbauprojekte unter Einbeziehung der Wiehltalbahntrasse aussprach. Denn eine geplante Straße unmittelbar am
Wiehler Bahnhof und ein Kreisverkehrsplatz in Waldbröl schneiden die Bahntrasse. Durch den Kauf und Abriss der
Bahnanlagen möchten die Verantwortlichen den Bau eines Bahnübergangs in Wiehl bzw. den Bau eines Kreuzungsbauwerks in
Waldbröl einsparen.

Obwohl die Strecke 1997 nach einer Ausschreibung gemäß § 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) zur Stilllegung
freigegeben worden war, erfolgte 1999 per Betriebsgenehmigung durch das Land NRW die Wiederinbetriebnahme. Der
Förderkreis zur Rettung der Wiehltalbahn e.V. pachtete die Strecke und beauftragte die Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH (RSE)
mit der Betriebsführung. Trotzdem waren die Pachtverträge stets zeitlich befristet, da die DB Services
ImmobilienImmobilien GmbH eine Abgabe der Infrastruktur anstrebte.
Indes erfreut sich die Strecke seit der Wiederinbetriebnahme einer wachsenden Beliebtheit. Neben den planmäßigen
Fahrten mit der Schienenbusgarnitur der Wiehltalbahn fahren Sonderzüge und auch Holz-Güterzüge, so dass im vergangenen
Jahr 285 Zugfahrten gezählt werden konnten. Doch selbst diese für solch eine Strecke stolze Zahl stößt bei den
örtlichen Kommunen auf wenig Interesse.

Als das Ergebnis der Integrierten Gesamtverkehrsplanung (IGVP) des Landes NRW auch im Fall Wiehltalbahn gegen eine
Reaktivierung im SPNV sprach, wurde dies von den Kommunen als weitere Stütze für ihre Argumentation, es bestünde kein
Bedarf an der Eisenbahnstrecke, verstanden. An eine touristische Nutzung oder auch an die Verlagerung von Gütern auf
die Schiene und damit an eine Entlastung der Straßen wurde offenbar nicht gedacht. Dass die Fahrten im Wiehltal
mittlerweile auch überregional bekannt sind wurde ebenfalls ignoriert. "Wir müssen die demokratisch beschlossene
Verkehrsplanung gegen Einzelinteressen durchsetzen", sagte Wiehls Bürgermeister Werner-Becker Blonigen und meinte mit
den Einzelinteressen diejenigen zur Weiterführung des Eisenbahnbetriebs.
Doch zahlreiche Leserbriefe in den örtlichen Medien zeigten, dass der auf der Trasse geplante Radweg, im Gegensatz zu
der Weiterführung der bisherigen Nutzung, auf wenig Gegenliebe stößt. Auch die örtliche FDP erkannte mittlerweile, dass
in Zeiten knapper werdender Ressourcen die Schiene für zukünftige Generationen auch im Wiehltal wieder interessant
werden könnte und schlug eine Volksbefragung vor. Der Förderkreis Wiehltalbahn erhält zudem seit langem politische
Unterstützung von Seiten der SPD und Bündnis 90 / Die DGrünen.
Der Förderkreis machte jedoch auch deutlich, dass er einen Kauf der Trasse durch die örtlichen Kommunen grundsätzlich
nicht ablehnend gegenübersteht, so lange die Strecke als öffentliche Eisenbahninfrastruktur weiterhin zur Verfügung
steht.

Die Wiehltalbahnfreunde stehen in diesem Zusammenhang nicht mit leeren Händen da, denn die Rechtslage - Freigabe zur
Stilllegung gemäß § 11 AEG, darauf aber ein jahrelanger Weiterbetrieb - ist nicht geklärt. Inzwischen sind sowohl ein
unbestreitbarer Verkehrsbedarf als auch ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) vorhanden, welches die Strecke
weiter als öffentliche Infrastruktur betreiben würde. Zumindest eine rasche Stilllegung erscheint daher als nicht
realisierbar. Unterstützung erhält der Förderkreis Wiehltalbahn bei seiner Interpretation der Rechtslage von dem Kölner
Rechtsprofessor Prof. Dr. jur. Hans-Jürgen Kühlwetter.
Die Aufklärungsarbeit des Förderkreises zeigte inzwischen Wirkung bei den Politikern, so wurde die Verwaltung der Stadt
Wiehl mit der Klärung der Rechtslage beauftragt.
Der Förderkreis weist auch auf den bestehenden Denkmalschutz hin, der aufgrund des fast durchgehenden
Stahlschwellenoberbaus sogar die Gleise erfasst.

Mit dem 31. Januar dieses Jahres lief der Pachtvertrag zwischen DB Services Immobilien und dem Förderkreis aus. Bei der
Winterdampfveranstaltung am 29. Januar, die entsprechend als möglicherweise letzte Fahrmöglichkeit auf der Wiehltalbahn
angekündigt wurde, konnten in den sehr gut besetzten Zügen über 1700 Reisende gezählt werden.
Bis zum möglichen und recht wahrscheinlichen Kauf der Trasse durch die Anliegerkommunen wird nun der Pachtvertrag
monatsweise verlängert. Als unklar erscheint weiter, wie die zum Teil finanzschwachen Gemeinden den Kaufpreis und
mögliche folgende Kosten aufbringen wollen.
Der Förderkreis Wiehltalbahn gibt unterdessen nicht auf und wird auch in dieser Saison Fahrtage anbieten. Nachvollzogen
werden kann die aktuelle Entwicklung auf der Internetseite des Förderkreises: www.wiehltalbahn.de.